Ein Begriff aus der Geschichtswissenschaft: Longue durée
Longue durée ist ursprünglich ein Fachbegriff der Geschichtswissenschaft aus der Anales-Schule und bedeutet „Lange Dauer“. Bezeichnet werden hiermit sowohl politische und gesellschaftliche, als auch wirtschaftliche Strukturen, die sich entweder sehr langsam oder auch gar nicht verändern. Als bedeutsames Beispiel kann hier der Feudalismus genannt werden, der aus der Geschichte des Mittelalters bekannt ist. Diese Wirtschaftsform herrschte derzeit in Europa vor. Die Longue durée gilt als wichtigste Ebene, da sie die Basis der anderen bildet und zu deren Erklärung dient. Desweiteren entstand mit dem Begriff ein Aufruf, die Geschichte nicht mehr nur durch die Aufzählung historischer Daten zu verfassen, da die Anales-Historiker diese Weise als unzureichend empfanden.
Aus Longue durée resultierende Begriffe
Im Gegensatz zur Longue durée steht die Moyenne durée. Ihr unterliegen wirtschaftliche Schwankungen innerhalb einiger Jahre oder sogar Jahrzehnte. Ebenso steht der Begriff für bestimmte Konjunkturzyklen, wie zum Beispiel die Weltwirtschaftskrise. Als Longue durée d. werden gesellschaftliche Veränderungen in ihrer zeitlichen Entwicklung bezeichnet. Die erdgeschichtliche Entwicklung fällt unter den Begriff Très Longue durée und Courte durée betitelt die Zeit der Individualgeschichte.
Fernand Braudel
Als französischer Historiker an der Anales-Schule befasste Fernand Braudel sich mit dem Phänomen der Longue durée. Er gab sein Hauptwerk „Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II“ im Jahr 1949 in 3 Bänden heraus, worin er sich detailliert mit den 3 Stufen der Longue durée auseinandersetzt. Im ersten Band widmet er sich den geographischen und naturbezogenen Verhältnissen des Mittelmeers, welche er aufgrund der beinahe stillstehenden Entwicklung der Longue durée zuordnet. Der zweite Band handelt dann von der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Mittelmeer-Raumes. Im Gegensatz zur geographischen Entwicklung verläuft diese Periode schneller, da sie den Abfolgen wirtschaftlicher Zyklen unterworfen ist. Dem dritten Band liegt die politische Entwicklung unter der Herrschaft von Philipp II zugrunde. Diese sind lokal begrenzt und von kurzer Dauer und stellen somit den Gegenpol der Longue durée dar.